Veranstaltung: | Mitgliederversammlung am 23.05.2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 2 Positionierung: Geplanter Neubau der Oper |
Antragsteller*in: | KV-Vorstand (dort beschlossen am: 15.05.2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.05.2023, 11:38 |
A2: Positionierung: Neubau der Oper zum jetzigen Zeitpunkt
Antragstext
Die Mitgliederversammlung des KV Düsseldorf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschließt:
- Wir sehen die Deutsche Oper am Rhein und die Kooperation mit der Stadt
Duisburg als festen und wichtigen Bestandteil der Düsseldorfer
Kulturszene. Über ihre künstlerischen Leistungen hinaus, ist sie mit mehr
als 500 Mitarbeiter*innen und vielen freien Beschäftigten eine der größten
Arbeitgeberinnen des Düsseldorfer Kulturbetriebs. Das soll sie bleiben.
- Wir sprechen uns aufgrund der vor allem in den letzten zwei Jahren
veränderten Rahmenbedingungen gegen eine weitere Planung des Opernneubaus
zum jetzigen Zeitpunkt aus. Schon die Baukosten würden voraussichtlich
eine Milliarde Euro und mehr betragen, so dass Zinskosten
(kreditfinanziert) in der Größenordnung einer weiteren Milliarde Euro über
die nächsten 50 Jahre dazu kämen. Das halten wir aufgrund der drastisch
veränderten Situation für nicht vertretbar. Die aktuellen
Herausforderungen, insbesondere die Energiesicherheit und -bezahlbarkeit,
die Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur, in Bildung und
Betreuung, in Klimaschutz, in sozialen Zusammenhalt und kulturelle
Vielfalt erfordern in der angespannten Haushaltslage wirtschaftliche
Vernunft und klare Entscheidungen, welche Investitionen Priorität haben.
Der Neubau der Oper ist dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
- Wir stehen zur Oper und wollen den Besucher*innen und den
Mitarbeiter*innen im bestehenden Gebäude bessere Bedingungen für den
Besuch sowie für die künstlerische Produktion ermöglichen. Wir setzen uns
dafür ein, die bereits identifizierten Sanierungsmaßnahmen am heutigen
Opernhaus zügig umzusetzen (insb. Dach, Bestuhlung, Audio-, Video- und
Bühnentechnik sowie weitere Technische Gebäudeausrüstung) sowie Maßnahmen
zur kurzfristigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen anzugehen.
Begründung
Die Deutsche Oper am Rhein ist ein fester und wichtiger Bestandteil der Düsseldorfer Kulturszene. Oper und Ballett gehören zu Düsseldorf – heute und in Zukunft. 2017 wurde erheblicher Sanierungsbedarf am Opernhaus bekannt. 2019 hat der Stadtrat den Prozess zur Zukunft des Opernhauses gestartet. 2021 hat er sich gegen eine Komplettsanierung des heutigen Opernhauses ausgesprochen und die Planung eines Neubaus eingeleitet. Wir GRÜNE haben den Prozess und auch den Grundsatzbeschluss gegen die Kernsanierung mitgetragen. Dabei haben wir uns als Partei und auch als Ratsfraktion – unabhängig von der Frage Sanierung oder Neubau – immer für eine Öffnung der Oper für ein breites Publikum ausgesprochen. Der städtebauliche Ideenwettbewerb hat gezeigt, dass sowohl der Neubau am aktuellen Standort, wo es Eingriffe in den Hof-garten geben würde, als auch der Standort am Wehrhahn auf einem nicht-städtischen Grundstück unseren Ansprüchen an die Oper nicht in allen Aspekten gerecht wird.
Auch müssen wir erkennen, dass sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren und Monaten drastisch verändert haben: Corona-Pandemie, Krieg in Europa, Energiekrise, Inflation, sprunghaft steigende Baukosten und ein extrem angespannter städtischer Haushalt.
Der Neubau der Oper, der absehbar eine Milliarde Euro und mehr kosten wird, ist für uns unter den genannten Rahmenbedingungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu verantworten.
Die 2021 berechneten Kostenrichtwerte von ca. 712 Millionen Euro sind bereits heute überholt. Real sind die Baukosten in den letzten beiden Jahren um ca. 14% gestiegen, angenommen waren 4%. Das allein lässt die Richtwerte schon über 800 Millionen steigen. 1.000 Millionen, also 1 Milliarde Euro und mehr sind also absehbar. Dazu kämen die Finanzierungskosten, die trotz guter städtischer Konditionen von aktuell ca. 3% Zinsen aufgrund des Volumens und der nötigen Laufzeit von 50 Jahren insgesamt nochmal 900 bis 1.000 Millionen Euro betragen – eine weitere Milliarde. Umgerechnet auf ein Haushaltsjahr würde ein Opernneubau in etwa 20 Millionen Euro Abschreibung und mindestens weitere 20 Millionen Euro Zinszahlungen verursachen. Der städtische Haushalt hätte also über 40 Millionen Euro zusätzliche Belastungen pro Jahr und das für die nächsten 50 Jahre.
Ja, auch am heutigen Opernhaus sind Maßnahmen zur Instandsetzung in Millionenhöhe nötig. Einige wurden in den letzten Jahren bereits umgesetzt. Auch die weiteren Maßnahmen unterstützen wir, denn wir stehen zur Oper in Düsseldorf. Frühere Schätzungen gingen von gut 15 Millionen Euro für die Maßnahmen in den nächsten zehn Jahren aus. Selbst wenn sich auch diese Kosten deutlich erhöhen werden, sind sie auf zehn Jahre verteilt deutlich geringer im Vergleich zur jährlichen Belastung durch Abschreibungen und Zinskosten eines Milliarden-Neubaus der Oper.
Zusätzlich zu den Instandsetzungen schlagen wir vor, die wichtigsten Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen im Opernhaus anzugehen. Dazu gehören beispielsweise Verbesserungen für Proben- und Übungsräume.
Die Oper in Düsseldorf hat eine enorm wichtige Bedeutung für die Kulturlandschaft in Düsseldorf. Wir stehen als GRÜNE in Düsseldorf mit voller Überzeugung zur Oper und ihrer Weiterentwicklung. Ein Milliardenneubau für die Oper zum jetzigen Zeitpunkt lehnen wir aber aus genannten Gründen ab.
Änderungsanträge
- A2-010 (AK Wirtschaft GJ Düsseldorf (dort beschlossen am: 19.05.2023), Eingereicht)
Kommentare
Susanne Mansfeld:
Werner Marquis:
ein weiteres „stilles“ Mitglied möchte euch zu diesem sehr vernünftigen Antrag gratulieren. Es ist nicht die Zeit für solche Projekte. Düsseldorf wird andere Herausforderungen meistern bzw. finanzieren müssen.
Herzliche Grüße
Werner Marquis
Karen-Jungen Günter:
Ludger Kowal-Summek:
Jürgen Gocht:
Danke für die gute Arbeit.
Jürgen Gocht
Norbert Moeller:
Gerhard Michalski:
Karin Diane Jungjohann:
Der Zeitpunkt und die oberflächliche Recherche zu diesem Antrag machen mich fassungslos. Es ist doch faktisch nicht richtig, eine Summe für den Neubau, sollte diese nicht benötigt werden, für andere wichtige Investitionen zur Verfügung zu haben. Wir sind uns einig, dass es dringend eine Öffnung der Oper für die gesamte Stadtgesellschaft geben muss- diese ist mit dem Haus in der jetzigen Form, auch mit Sanierung, schlichtweg unmöglich- mangels Raum. Da ich am morgigen Abend terminlich verhindert bin, kann ich noch nicht einmal mit abstimmen- wieso macht ihr nicht eine Online Abstimmung, damit alle die Chance haben, an der morgigen Entscheidung für oder gegen euren Antrag teilzuhaben? Und übrigens- ohne Wagnisse gibt es keine Veränderung- genauso wie bei dem damaligen Plan der Rheinufertunnels- den es nach der Überzeugung der damaligen Fraktion auch nicht hätte geben sollen- stellt sich unser Vorstand mit diesem Antrag Kulturschaffenden in den Weg- vielleicht, weil ihr nicht begreift, dass sich die Arbeitsbedingungen und die Möglichkeiten für alle Kulturschaffenden mit einem solchen neu geschaffenen Kulturzentrum bessern würden. Es ist nicht richtig, die Haushaltslage als schlecht zu bezeichnen, soweit mir bekannt ist, schließt der Haushalt 2022 unserer Stadt mit einem ordentlichen Plus ab. Ich würde mir wünschen, dass wir den nächsten Schritten zustimmen, damit wir herausfinden, welche machbare Vorschläge zu einem Neubau am jetzigen Standort möglich sind.
Stephan Soll:
der Haushalt 2022 ist (leider) nur durch einen Sondereffekt bei der Gewerbesteuer positiv. Während der Pandemie hatten viele Betriebe ihre Zahlungen aufgeschoben, jetzt wurden sie nachgeholt. Das ist aber nur einmalig so. Für 2023 rechnet die Stadt ein Minus von 210 Millionen und auch in den Folgejahren sind dreistellig negative Ergebnisse zu erwarten. Der Schuldenstand steigt diese Jahr auf ca. eine Milliarde, in den Jahren danach auf zwei.
Karin Jungjohann:
Danke für die Infos.
Es ist sicherlich naiv gewesen, optimistisch in die Zukunft zu blicken.
Angesichts meiner bisherigen Lebenserfahrungen ist es mir trotzdem nicht möglich, ausschließlich finanzielle Prognosen als Grundlage meiner Überzeugung zu nehme- auch wenn ich Deiner Ausführung glaube, dass uns
die Pandemie und der russische Angriffskrieg viel kosten werden-, weil es oft anders kommt, als erwartet.
Ich kann nicht anders, als Visionen zu folgen, die eine bessere und glücklichere Gemeinschaft beinhalten. Deshalb werde ich immer auf Dialog und Zusammenarbeit setzen. Beides sehe ich für unsere Partei durch diesen Antrag erschwert. Deshalb stimme ich ihm nicht zu. Ich kann gerne später noch im Detail darauf eingehen, wieviele Bauwerke auf der Welt in ihrer Planung und Ausführung den finanziellen Rahmen zu sprengen drohten und nach ihrer Fertigstellung zu weltweiter Anerkennung führten.