Status: | Beschluss |
---|---|
Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 07.03.2020 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Wohnen
Text
Wohnen ist die zentrale soziale Gerechtigkeitsfrage in allen deutschen
Großstädten. Auch in Düsseldorf ist der Wohnungsmarkt im unteren und mittleren
Preissegment extrem angespannt. Die Sicherung und die Schaffung von bezahlbarem
Wohnraum sind zwei unserer wichtigsten Aufgaben. Wir GRÜNE setzen uns für eine
gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik ein, die sowohl soziale als auch
ökologische Aspekte im Fokus hat. In einer Wohnung zu leben, die bezahlbar ist,
die lebenswert ist und die genug Platz bietet, verstehen wir als Grundrecht.
Niemand in Düsseldorf soll mit der Sorge leben müssen, keinen Wohnraum zu finden
oder gar seine bestehende Wohnung zu verlieren. Gleichzeitig wollen wir
ökologische Standards garantieren. Bei der Schaffung von neuem Wohnraum wollen
wir Grün- und Freiflächen erhalten und eine hohe Lebensqualität für alle
Düsseldorfer*innen sichern.
Der rasante Anstieg der Mieten und Wohneigentumspreise ist nur zum Teil durch
die wachsende Bevölkerung in unserer Stadt zu erklären. Gründe sind im
Wohnungsbestand vor allem aggressive Mieterhöhungen der börsennotierten und
kapitalmarktgesteuerten Wohnungsunternehmen. Im Neubau ist insbesondere die
Spekulation mit Bauland dafür verantwortlich, dass ein Großteil der neuen
Wohnungen am Bedarf vorbei geht.
Darüber hinaus sind die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit auf
Bundesebene, die Privatisierung von landeseigenen Wohnungsbeständen und der
jahrzehntelange Rückzug von Bund, Land und Kommunen aus dem sozialen Wohnungsbau
wesentliche Ursachen für den fehlenden preisgünstigen Wohnraum im ganzen Land.
GRÜN wirkt
In den letzten sechs Jahren haben wir GRÜNE wichtige Maßnahmen durchgesetzt, um
die Wohnungssituation in Düsseldorf zu verbessern:
Schon aus der Opposition heraus hatten wir jahrelang für ein
Handlungskonzept Wohnen (HKW) gestritten. 2013 haben wir es zusammen mit
der damaligen Ratsmehrheit beschlossen und damit endlich eine feste Quote
von insgesamt 40 % für öffentlich geförderte und preisgedämpfte Wohnungen
in Neubaugebieten festgelegt. Anschließend haben wir das HKW mit der
Ampel-Mehrheit weiterentwickelt.
Für städtische Grundstücke haben wir durchgesetzt, dass sie ausschließlich
für öffentlich geförderte und preisgedämpfte Wohnungen oder für spezielle
Zielgruppen wie Menschen mit Behinderung, Senior*innen, Baugruppen oder
Auszubildende vergeben werden.
Die Städtische Wohnungsgesellschaft Düsseldorf (SWD) haben wir in den
letzten Jahren reaktiviert und in die Lage versetzt, jetzt jährlich ca.
200 Wohnungen fertigzustellen.
Die Düsseldorfer Genossenschaften und andere Akteur*innen, die sich einer
gemeinwohlorientierten Wohnungspolitik verschrieben haben, haben wir
ebenfalls gestärkt. Durch die Vergabe städtischer Grundstücke haben wir
Wohnungsbau für mittlere und niedrige Einkommensgruppen ermöglicht.
Für gemeinschaftliche Wohnprojekte und Baugruppen haben wir eine Agentur
innerhalb der Verwaltung initiiert, die unterstützt, berät und Grundstücke
speziell für Wohn- und Baugruppen vergibt.
Schutz von Wohnraum: Gegen spekulativen Leerstand und kommerzielle
Kurzzeitvermietungen wie beispielsweise über AirBnB haben wir die
Wohnraumschutzsatzung durchgesetzt.
Bei allen Anstrengungen auf kommunaler Ebene wird jedoch deutlich, dass
entscheidende Hebel durch bundes- und landespolitische Gesetzgebungen gesetzt
werden müssen, um eine wirksame Mietbremse, eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit
und weitere Maßnahmen gegen die immer rasantere Immobilienspekulation zu
ermöglichen.
GRÜN denkt weiter
Bodenspekulationen vermeiden, aktive Bodenvorratspolitik betreiben
Boden ist eine wertvolle und endliche Ressource. Dass er zu einem
Spekulationsobjekt geworden ist und Grundstücke unbezahlbar macht, ist einer der
Hauptgründe, weshalb günstiges Bauen kaum mehr möglich ist. Eine Kommune, die
wohnungspolitisch handlungsfähig sein will, muss über ihren Boden bestimmen
können. Deshalb setzen wir uns für eine aktive Bodenvorratspolitik ein, in der
die Stadt aktiv Grundstücke ankauft und eine gemeinwohlorientierte Entwicklung
sichert. Weiterhin setzen wir uns für eine langfristige
Immobilienbewirtschaftung ein, die im Sinne eines gemeinwohlorientierten
Bestandshalters agiert.
Bestehende Vertragsverhältnisse sollen auf Rückkaufsoptionen geprüft werden.
Ebenso müssen Vorkaufsrechte konsequent genutzt werden. Die Finanzierung kann
durch Bürgerfonds unterstützt werden. Auch über die Aufnahme des „Münsteraner
Modells“ in das HKW erhält die Stadt Zugriff auf Grundstücke. (Verweis
Stadtentwicklung)
Zu einer nachhaltigen Wohnungspolitik gehört, dass städtische Grundstücke den
folgenden Generationen erhalten bleiben. Wir wollen, dass Grundstücke der
öffentlichen Hand vorwiegend im Erbbaurecht und mit Auflagen vergeben werden.
Eigentümer*innen, die mit unbebauten Grundstücken spekulieren, wollen wir durch
das Baugebot verpflichten oder andernfalls die entsprechenden Grundstücke als
Kommune ankaufen. Hierzu braucht es begleitend Änderungen auf Bundesebene, damit
das Vorkaufsrecht der Kommunen gestärkt wird.
Um die Spekulation mit bebauten und unbebauten Grundstücken unattraktiver zu
machen, soll die Stadt Druck auf Bund und Land ausüben, um für die Länder die
Möglichkeit zu schaffen die Grunderwerbsteuer progressiv auszugestalten. Wenn
Wohnungskonzerne große Immobilienbestände aufkaufen, soll eine höhere
Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn Privatpersonen ein Wohneigentum
erwerben.
Dauerhaft preiswerten Wohnraum sichern
Die Quoten für sozialen sowie preisgedämpften Wohnungsbau im Handlungskonzept
Wohnen wollen wir deutlich erhöhen, um den Anteil an preisreduziertem Wohnen in
Düsseldorf mittelfristig stabil zu halten. Als neues Instrument wollen wir, dass
wahlweise ein Teil der zukünftigen Wohnbauflächen an die Stadt abgetreten wird
(„Münsteraner Modell“). (Verweis Stadtentwicklung)
Es ist nicht nur wichtig, dass preisreduziert gebaut wird, sondern auch wo
preisreduziert gebaut wird. Um in einem Neubaugebiet für alle eine gute
Lebensqualität zu gewährleisten, fordern wir eine Anpassung des HKW, die eine
Durchmischung von verschiedenen Bauformen, gefördertem Wohnraum und Wohneigentum
in verschiedenen Preisstufen vorsieht.
Die SWD und andere gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen wie
Genossenschaften, „Immovilien“ (Zivilgesellschaftliche Initiativen, die
gemeinwohlorientierte Immobilien- und Quartiersprojekte zusammen mit der
Nachbarschaft entwickeln) und soziale Träger wollen wir weiterhin stärken sowie
ihre Rolle am Wohnungsmarkt spürbar erhöhen. Außerdem wollen wir eine
Gründungsoffensive für neue Gesellschaften initiieren.
Jeder Mieter soll erfahren können, wer sein wirtschaftlicher Vermieter ist.
Eigentlich hat der Bund mit dem Transparenzregister ein Verzeichnis geschaffen,
in dem Gesellschaften (auch Grundstücks- und Investmentgesellschaften) die
natürlichen Personen angeben müssen, die letztlich hinter ihnen stehen.
Allerdings erweist sich dieses oftmals als „zahnloser Tiger“, da Gesellschaften
Eintragungen nicht vornehmen. Die Stadt wird sich gegenüber der zuständigen
Bundesbehörde dafür einsetzen, dass dies nicht hingenommen wird und notfalls
Bußgelder gegen solche Gesellschaften verhängt werden.
Wir wollen für Düsseldorf eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Dies liegt
vorläufig in der Kompetenz bundesrechtlicher Regelungen. Nichtsdestotrotz werden
wir alle sozial- und gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen und ähnliche
Träger in der Stadt weiter und auch verstärkt unterstützen. Wir haben auch das
Ziel, neue gemeinnützige Akteure zu etablieren, um die Vielfalt der Wohnformen
weiter auszuweiten. Nicht zuletzt, weil es Träger in der Wohnungswirtschaft
braucht, die antizyklisch zum Marktgeschehen aktiv werden wollen und können.
Hierbei haben wir bereits viel Erfahrung mit dem Aufbau der Agentur für Wohn-
und Baugemeinschaften gesammelt. Zukünftig soll das Kompetenzspektrum der
Agentur auch den Aufbau neuer gemeinwohlorientierter Akteur*innen begleiten.
Die 2019 von uns eingeführte Wohnraumschutzsatzung gegen die Zweckentfremdung
von Wohnungen wollen wir konsequent umsetzen, evaluieren und wo nötig
nachschärfen, um bestehenden Wohnraum wieder der Wohnnutzung zuzuführen.
Mit sogenannten Milieuschutzsatzungen wollen wir die Menschen in Quartieren mit
hohem Verdrängungsdruck schützen, indem die Umwandlung von Mietwohnungen in
Eigentumswohnungen, sowie die Umnutzung von Wohnungen in Gewerbe beschränkt,
Modernisierungen gesteuert und Vorkaufsrechte ausgeübt werden.
Studierende und Auszubildende haben es sehr schwer, Wohnungen oder Zimmer zu
finden, die ihrem Budget und ihren Anforderungen entsprechen. Wir wollen das
Studierendenwerk, die SWD, Genossenschaften und andere soziale Träger deshalb
beim Bau von Studierenden- und Azubiwohnheimen verstärkt unterstützen.
Für die Rechte der Mieter*innen ist der Mietspiegel, in dem die ortsüblichen
Vergleichsmieten ermittelt werden, ein zentrales Instrument. Wir wollen einen
qualifizierten Mietspiegel, der beispielsweise auch die energetischen Standards
enthält und der viel mehr als nur die neuen Mietverträge der letzten sechs Jahre
berücksichtigt.
Wir erwarten von Bund und Land endlich wirksame Instrumente gegen die rasanten
Mietsteigerungen gerade im Wohnungsbestand. Das sollte auch die Möglichkeit
eines temporären Mietendeckels umfassen, zu dem beispielsweise ein Mietenstopp
(keine Mieterhöhungen über Inflationsrate), Mietobergrenzen (gestaffelt nach
Alter und Ausstattung der Gebäude), Mietkappungen (Absenkung von Mieten auf die
Mietobergrenzen) sowie eine Begrenzung der Modernisierungsumlage gehören können.
Wichtig ist uns, dass Bund und Land diese Maßnahmen ermöglichen und die Stadt
individuell die passenden Maßnahmen ergreifen kann.
Die Wohnungsnachfrage wird nicht allein in den Düsseldorfer Stadtgrenzen
bewältigt. Wir brauchen mehr regionale Zusammenarbeit, um auch mit unseren
Nachbarkommunen urbanen Wohnungsbau zu schaffen und das Pendeln mit Bus, Bahn
und Fahrrad nach Düsseldorf zu verbessern (Verweis Regionale Kooperation).
Wohnungspolitik und Stadtentwicklung hängen eng miteinander zusammen. Wir wollen
nicht „bauen, bauen, bauen“ ohne nachzudenken, sondern intelligente und
innovative Stadtentwicklung mit dreifachem Nutzen: Bauprojekte bringen nicht nur
neue bezahlbare Wohnungen und Gewerbeflächen, sondern auch mehr Grün und eine
Verbesserung der Mobilität. (Verweis Stadtentwicklung)
Die anstehende Reform der Grundsteuer kann zu einer Erhöhung des
Steueraufkommens im Stadtgebiet und damit zu einer Verteuerung des Wohnens
führen. Wir werden eine Aufkommensneutralität der Grundsteuer in Düsseldorf
sicherstellen.
Obdachlosigkeit bekämpfen, Wohnungslosigkeit präventiv vermeiden
Wir wollen die Prävention gegen Wohnungslosigkeit ausbauen und das
Präventionskonzept mit den zuständigen städtischen Stellen und Trägern der
Wohnungslosenhilfe weiterentwickeln. Dabei sollte Quartiersarbeit eine wichtige
Rolle spielen, um von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen besser zu erreichen
(Verweis Quartier und Soziales und Gesundheit).
Die Zahl der durch die Stadt angemieteten „Probewohnungen“ für obdachlose
Menschen soll vergrößert werden und wir werden überprüfen, inwieweit heutige
Unterkünfte in mietvertragliches Wohnen umgewandelt werden können. In diesem
Zuge soll es auch weitere innovative Wohn-Projekte geben, um auf
unterschiedliche Bedarfe eingehen zu können.
Verstärkte Wohnraumakquise für obdachlose und wohnungslose Menschen ist zwingend
erforderlich. Deshalb wird die "Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit –
endlich ein Zuhause" weiterhin unterstützt. Mit dem Land soll die Weiterführung
über 2020 hinaus thematisiert werden.
Housing First ist ein Baustein von diversen Angeboten, die man aufgrund der
vielfältigen Herausforderungen von obdachlosen Menschen benötigt, um Menschen
ohne Wohnung zu unterstützen. Wir wollen diesen guten Ansatz stützen.
Die bisherige, neu gestaltete Kooperationsvereinbarung mit den
Wohnungsunternehmen wird gemeinsam regelmäßig überprüft und wenn möglich
weitergeführt. Wir wollen die Kooperation konkretisieren, indem wir eine
Zielgröße für die Vermittlung von Wohnungen an obdachlose und wohnungslose
Menschen setzen.
Barriere- und altersgerechtes Wohnen für ein selbstbestimmtes Leben
Altersgerechtes und barrierefreies Wohnen ist für ein selbstbestimmtes und
unabhängiges Leben erforderlich. Neben einem inklusiven und barrierefreien
Quartier der kurzen Wege wollen wir auch Wohngemeinschaften und
Mehrgenerationenwohnen unterstützen, damit sowohl ältere als auch Menschen mit
Behinderungen in ihrer gewohnten und gewünschten Umgebung leben können.
Oftmals leben ältere Menschen in Wohnungen und Häusern, die zu groß für sie sind
und in denen sie sich nicht wohl fühlen. Wir wollen ältere Menschen auf Wunsch
dabei unterstützen, in kleinere Wohnungen oder Wohngemeinschaften umzuziehen
oder ihren Wohnraum mit Familien zu tauschen, die eine größere Wohnung dringend
benötigen.
Klimafreundliches und ressourcensparendes Wohnen
Zentraler Baustein für klimafreundliches Wohnen ist die Wärmewende: weniger
Heizbedarf durch energetische Sanierungen und Umstellung der Heizung auf CO2-
neutrale oder -arme Brennstoffe. Dafür wollen wir alle städtischen Hebel nutzen.
(Verweis Kapitel Klimaschutz)
Wir wollen ökologisches und wiederverwertbares Baumaterial. Holz als
nachwachsender Rohstoff ist nachhaltig, speichert CO2 und schützt das Klima. Wir
wollen die Nutzung von Holz als Baustoff bei Neubauten und der Gebäudesanierung
fördern. Das „Cradle-to-Cradle“-Prinzip wollen wir auch im Wohnungsbau
forcieren. Denn auch andere Baumaterialien sind potenziell wiederverwendbar,
wenn Gebäude entsprechend konzipiert und verbaut werden: Eisenträger, Steine,
Betonplatten, Glas und sogar Kunststoffteile. (Verweis Kapitel Umwelt)
Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)
- 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden
- 13 Maßnahmen zum Klimaschutz