Status: | Beschluss |
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Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 07.03.2020 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Integration und Teilhabe
Text
Unsere Stadt ist weltoffen, vielfältig und international. Düsseldorf profitiert
kulturell, wirtschaftlich und gesellschaftlich von seiner Internationalität und
Multikulturalität.
Migration ist ein dauerhafter Prozess, der unsere Gesellschaft stetig verändert.
42 % aller Düsseldorfer*innen haben einen sogenannten Migrationshintergrund, 180
Nationalitäten sind hier beheimatet. Deshalb ist unser Ansatz postmigrantisch:
Grüne Politik berücksichtigt, dass Düsseldorf schon lange eine
Einwanderungsstadt ist.
People of Colour, Migrant*innen und Menschen aus zugewanderten oder geflohenen
Familien sind in ihrem Alltag, bei der Wohnungssuche, in der Schule, bei der
Arbeit und bei der sozialen Teilhabe häufiger Diskriminierung ausgesetzt. Für
sie ist es oft schwer, Arbeit zu finden, die auch ihrer Qualifikation
entspricht. Außerdem verzeichnen wir eine massive Repräsentationslücke von
Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Politik, Medien, Institutionen und
Verwaltung. Wir GRÜNE wollen konkrete Maßnahmen ergreifen, um eine
diskriminierungsfreie Gesellschaft zu gestalten, in der Herkunftsgeschichte oder
Herkunftsfamilie nicht mehr über Zukunft und Chancen entscheiden.
Wichtig ist nicht, woher ein Mensch kommt, sondern wohin er will.
Wir GRÜNE setzen uns für ein friedliches, gleichberechtigtes und inklusives
Zusammenleben in Vielfalt und gegenseitiger Wertschätzung ein. Ziel unserer
grünen Politik ist gleiche Teilhabe von Menschen mit und ohne Migrations- oder
Fluchtgeschichte an Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft in unserer
Stadt. Alle Düsseldorfer*innen sollen ihre Individualität und ihre Fähigkeiten
frei und selbstbestimmt entfalten können.
Alle Menschen, die in Düsseldorf leben, sind Düsseldorfer*innen.
In Düsseldorf überwiegt eine Willkommenskultur für zugewanderte und geflüchtete
Menschen, die wir wachsam und entschlossen gegen rechtsradikale und
menschenfeindliche Tendenzen verteidigen – auf den Straßen und in der Politik.
Wir setzen uns weiterhin für eine humanitäre Flüchtlingspolitik ein, durch die
sich alle geflüchteten Menschen in Düsseldorf sicher und wohl fühlen können.
GRÜN wirkt
In den letzten sechs Jahren hat Düsseldorf einen großen integrationspolitischen
Wandel erlebt. Zusammen mit Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen in
Flüchtlingsinitiativen und Migrantenorganisationen haben wir einen
Politikwechsel eingeleitet, der sich an den Bedürfnissen von Menschen mit
Migrations- oder Fluchthintergrund ausrichtet und Integration als städtische
Querschnittsaufgabe definiert. Wir haben unmittelbar nach der Kommunalwahl 2014
den Runden Tisch für Asyl- und Fluchtfragen initiiert - den Rahmen für Haupt-
und Ehrenamtliche aus Politik, Verwaltung, Flüchtlingsinitiativen, Kirchen und
Wohlfahrtsverbänden, um sich auszutauschen, Aufgaben zu verteilen und gemeinsam
Lösungen für akute Probleme zu erarbeiten. 2015 wurde eine Grüne die erste
Flüchtlingsbeauftragte der Stadt und hat ein neues Konzept entwickelt, durch das
langfristige und menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden
konnten.
Am 1. Januar 2018 startete das neu geschaffene Amt für Migration und Integration
unter der Leitung der bisherigen Flüchtlingsbeauftragten. Hier wurden die
verschiedenen Verwaltungszuständigkeiten für Flucht, Migration und Integration
fusioniert und bieten nun eine gemeinsame Anlaufstelle, die sich um die Belange
von Ausländer*innen, Migrant*innen und geflüchteten Menschen kümmert. Mit dem
Umzug des Amtes für Migration und Integration in die Erkrather Straße eröffnet
sich die Chance, den Eingangsbereich von einem ServicePoint mit Terminvergabe zu
einem einladenden WelcomeCenter mit vielfältigen Angeboten - von ausgelegten
Flyern bis hin zu offenen Sprechstunden anderer Ämter, Institutionen, Verbände
und Organisationen - weiterzuentwickeln.
Die WelcomePoints in jedem der zehn Düsseldorfer Stadtbezirke bilden eine Brücke
zwischen geflüchteten Menschen und der Nachbarschaft im Quartier. Sie
koordinieren die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe, bieten geflüchteten Menschen
Beratung und Unterstützung und beantworten die Fragen der Anwohner*innen. Die
städtische finanzielle Förderung der WelcomePoints haben wir erfolgreich
eingeführt und somit ein wichtiges Instrument zur Förderung der Begegnung
zwischen den „neuen“ und „alten“ Düsseldorfer*innen im Quartier geschaffen.
Menschen, die vor Krieg, Terror und Menschenrechtsverletzungen fliehen, tragen
oft schwere Traumatisierungen davon und können auch noch Jahre nach der Flucht
psychische Störungen entwickeln. Zur frühzeitigen Erkennung haben wir die
dauerhafte finanzielle Förderung der Stabilisierungshelfer*innen durchgesetzt,
die in Unterkünften Screenings durchführen und psychisch belastete Menschen an
die therapeutische Hilfe vermitteln, die sie dringend benötigen. Das
Psychosoziale Zentrum für Flüchtlinge Düsseldorf e.V. ist eine Beratungs- und
Therapieeinrichtung für traumatisierte Geflüchtete, die interkulturell und
mehrsprachig arbeitet und psychologische, medizinische und sozialarbeiterische
Hilfe vereint. Hier haben wir die finanzielle Förderung durch die Stadt
sichergestellt. Zur besseren gesundheitlichen Versorgung haben wir die
Krankenkassen-Karte für Geflüchtete eingeführt.
Sogenannte Nachtabschiebungen, bei der Einzelpersonen oder Familien nachts ohne
Ankündigung zur sofortigen Abreise abgeholt werden, sind insbesondere für Kinder
traumatisierend. Gegen diese menschenunwürdige Abschiebepraxis haben wir uns
erfolgreich eingesetzt. Sie wird in Düsseldorf nicht mehr praktiziert. Auch
Abschiebungen nach Afghanistan werden in Düsseldorf auf unsere grüne Initiative
hin mit allen rechtlichen Möglichkeiten vermieden.
Das von den Migrantenorganisationen seit vielen Jahren geforderte „Haus der
Kulturen“ wird nun endlich konkret auf der Münsterstraße geplant. Die
Migrantenorganisationen, die als Trägerverein das Haus betreiben werden, können
dort individuelle Beratungen, Seminare und Veranstaltungen anbieten und ein
vielfältiges kulturelles Angebot auch in Kooperation mit der Düsseldorfer Kunst-
und Kulturszene realisieren. Das Haus der Kulturen ist nicht nur in den
Stadtteil hinein geöffnet, sondern wird darüber hinaus Wirkung erzielen.
GRÜNE Vision
Mitgestalten durch politische Partizipation
Für die kommunale Demokratie ist die politische Beteiligung von Menschen
mit Migrationshintergrund unverzichtbar. Grüne Politik heißt hier nicht
nur Verstärkung des Dialogs mit den Migrantenorganisationen sondern auch
Öffnung zur aktiven politischen Mitgestaltung im Integrationsrat, Stadtrat
oder Fachausschüssen unserer Stadt.
Alle Düsseldorfer*innen sollen gleichberechtigt an der Politik der Stadt
teilhaben können. Deshalb muss sich die Stadt dafür einsetzen, dass alle
Einwohner*innen mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit als sachkundige
Bürger*innen mit Stimmrecht in Ausschüssen tätig sein können. Außerdem
soll sich Düsseldorf mit verbündeten Städten für das kommunale Wahlrecht
für Nicht-EU-Ausländer einsetzen.
Der Integrationsrat vertritt die Interessen von Menschen mit
Migrationshintergrund in Düsseldorf. Wir wollen, dass er seine vom
Landesgesetzgeber zugestandenen Kompetenzen voll ausschöpft.
Sprachhürden überwinden und Mehrsprachigkeit fördern
Für uns steht eine aktive und schnelle Integration zugewanderter Menschen
an erster Stelle. Dafür ist der Zugang zu qualifizierten Sprachkursen
oberste Priorität. Wir wollen weiterhin Angebote fördern, bei denen
Menschen auch ohne rechtlichen Anspruch kostenlose Sprachkurse erhalten.
Vereine und Dienste, die verschiedenen Einrichtungen kultursensible
Beratungen und Sprachmittlungen anbieten, müssen Standardangebot werden.
Von diesen Diensten sollen auch kleine Initiativen, Vereine und
Einzelpersonen profitieren.
Für junge Menschen kann das Erlernen einer zweiten Muttersprache eine
wertvolle Ressource sein, von der sie ein Leben lang profitieren. Doch
Bilingualität entsteht nicht von alleine. Wir wollen, dass
Mehrsprachigkeit in Schulen, Kitas und Verwaltung geschätzt und gefördert
wird. Zur Förderung der Bilingualität sollen in Düsseldorfer Kitas und
Schulen mehrsprachige Angebote mit Fokus auf Kinder mit
Migrationshintergrund gezielt ausgebaut und die Eltern für dieses große
Potenzial sensibilisiert werden.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ermöglichen schon jetzt die Einführung
der zweiten Muttersprache als zweite Fremdsprache in der Schule. Die Stadt
soll für die Schulen Anreize schaffen, solche Kurse anzubieten.
Schüler*innen und Eltern sollen über diese Angebote aktiv informiert
werden.
Teilhabe ermöglichen
Einige Migrant*innen leben in Düsseldorf isoliert und haben
Schwierigkeiten, die deutsche Sprache zu erlernen. Das kann beispielsweise
Frauen betreffen, die auf Grund ihrer zu betreuenden Kinder keine
Sprachkurse wahrnehmen können. Hier ist der Ausbau von Diensten nötig, die
solche Menschen gezielt aufsuchen, sie über vorhandene Sprach- und
Integrationsangebote informieren und sie unterstützen, an den
entsprechenden Angeboten teilzunehmen.
Bürgerschaftliches Engagement, Vereinsleben und Sport sind Orte des
Miteinanders, die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft stärken. Da
Menschen mit Migrationshintergrund hier oft unterrepräsentiert sind,
sollte die Stadt die Vereine dabei unterstützen, sich interkulturell zu
öffnen und gezielt auf Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte
zuzugehen, insbesondere durch die Teilnahme an bestehenden Landes- und
Bundesprogrammen zur Einbindung dieser Zielgruppe.
Migrantenorganisationen bleiben oft in niedrigschwellige Projektarbeit
eingegrenzt und stoßen nicht selten auf Zugangsbarrieren zur kommunal
finanzierten Förderstruktur der freien Wohlfahrtspflege (Regelförderung).
Wir wollen das sozialpolitische Engagement migrantischer Organisationen
würdigen und diese Zugangsbarrieren abbauen; insbesondere dort, wo
Migrantenorganisationen einen Transformationsprozess zum professionellen
Träger sozialer Arbeit angestossen haben.
Wir wollen die vielfältige Arbeit der muslimischen Community, die
insbesondere auch für Geflüchtete unschätzbare HIlfe geboten hat,
verstärkt unterstützen - auch finanziell. Dazu wollen wir mit dem
Kommunalen Integrationszentrum und dem Kreis der Düsseldorfer Muslime
(KDDM - der Arbeitsgemeinschaft zahlreicher muslimischer Institutionen und
Moscheen) ein Konzept zur Förderung entwickeln, an der alle Vereinigungen,
muslimische Institutionen, Moscheevereine und Einzelpersonen teilhaben
können.
Immer mehr Menschen der sogenannten Gastarbeiter*innen-Generationen kommen
nun in das Alter, in dem Gesundheit und Pflege eine wichtige Rolle
spielen. Die Stadt soll bei den entsprechenden Institutionen kultur- und
religionssensible Angebote fördern, um den Bedürfnissen dieser Menschen
gerecht zu werden.
Lücken im Informationsstand über das deutsche Schul- und Ausbildungssystem
sind immer noch ein entscheidender Faktor für verpasste Chancen. Diese
Lücken können durch niedrigschwellige Angebote geschlossen werden. Die
Mitwirkung von Eltern mit Migrationshintergrund an den Düsseldorfer Kitas
und Schulen muss gefördert werden, von der Sprechstunde bis zur
Elternpflegschaft.
Junge Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte sind in
Ausbildungsbetrieben unterrepräsentiert. Durch eine Ausbildungsoffensive
soll die Stadt Düsseldorf Vorreiterin bei der Gewinnung von Jugendlichen
mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte werden und auf die
Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer und andere
Berufsverbände mit Netzwerksangeboten zugehen.
Die städtische Wirtschaftsförderung sollte die größere
Gründungsbereitschaft von Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte
als Chance begreifen und spezifische Beratungsangebote, die bei der
Bewältigung der bürokratischen Hürden unterstützen, entwickeln.
Integration gemeinsam durch Stadt und Ehrenamt
Das 2017 aktualisierte gesamtstädtische Integrationskonzept, das einen
gemeinsamen Orientierungsrahmen für Integrationsarbeit schafft und
Handlungsanweisungen formuliert, wollen wir weiterhin gemeinsam mit Haupt-
und Ehrenamtlichen Schritt für Schritt umsetzen und weiterentwickeln.
Auf Wunsch vieler Ehrenamtlicher in Flüchtlings- und Migrationsverbänden
wollen wir ein "Forum für Integration" unter breiter Beteiligung der
Ehrenamtlichen in Flüchtlingsorganisationen, Verbänden, Welcome Points,
Migrantenorganisationen und Hauptamtlichen in der Verwaltung etablieren
und weiterentwickeln.
Wir wollen, dass sich die städtische Verwaltung interkulturell öffnet und
Menschen mit Migrationshintergrund besser repräsentiert. Potenzielle
Mitarbeiter*innen und Auszubildende sollen durch anonyme
Bewerbungsverfahren, die direkte Ansprache von Menschen mit
Migrationshintergrund und eine Diversität in der Außendarstellung der
Verwaltung gezielt geworben werden. Evaluierungs- und
Personalentwicklungsmaßnahmen sowie ein selbstverpflichtendes Leitbild
sollen den Prozess begleiten.
Die kommunale Ausländerbehörde im Amt für Migration und Integration muss
gestärkt werden, damit ein besserer Bürger*innenservice und längere
Öffnungszeiten möglich werden. Dies kann unter anderem durch eine
schnellstmögliche Digitalisierung der Arbeitsabläufe und durch externe
Quereinsteiger*innen für die vielen vakanten Stellen gelingen.
Asylpolitik, bei der der Mensch zählt
Die Stadt muss sich weiterhin dafür einsetzen, dass geduldete Geflüchtete,
die die deutsche Sprache gelernt haben und hier Arbeit gefunden haben oder
sich in Ausbildung befinden, eine dauerhafte Bleibeperspektive erhalten.
Die Stabilisierungshelfer*innen sind unverzichtbar für die psychische
Gesundheit geflüchteter Menschen und werden dauerhaft in allen
Unterkünften benötigt.
Die Stadt Düsseldorf hat sich 2018 mit weiteren Städten zur Aufnahme aus
Seenot geretteter Geflüchteter - über die gesetzliche Quote hinaus -
bereit erklärt. Wir wollen, dass Düsseldorf nicht nur symbolisch ein
„sicherer Hafen“ bleibt. Die Stadt soll weiterhin Druck auf Bund und Land
ausüben, gesetzliche Lösungen für eine kommunale Aufnahme zu schaffen und
Worten Taten folgen zu lassen. Des Weiteren unterstützen wir GRÜNE alle
Initiativen von Städten, die sich in ganz Europa für eine humanitäre
kommunale Flüchtlingspolitik stark machen und nicht auf einen europaweiten
Konsens warten wollen.
Nur 1 % der Geflüchteten bekommen die Chance, im Rahmen eines
Resettlement-Programms in ein sicheres Land umzusiedeln. Diese Programme
müssen auf Landes- und Bundesebene dringend ausgebaut und um landeseigene
Aufnahmeprogramme ergänzt werden, so lange eine direkte Beteiligung der
Kommunen an solchen Aufnahmeprogrammen noch nicht vorgesehen ist.
- Da trotz aller Bemühungen nicht alle anerkannten Geflüchteten sofort in
Wohnraum vermittelt werden können, wollen wir perspektivisch von
Modulbauten zu Unterkünften in festen Häusern weiter entwickeln.
- Die Beratung in den Unterkünften wollen wir qualitativ mit einem
verbesserten Beratungsschlüssel weiter entwickeln, um die
Integrationsleistung (z.B die Wohnungsvermittlung) zu optimieren.
Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)
- 1 Keine Armut
- 4 Hochwertige Bildung
- 5 Geschlechtergerechtigkeit
- 10 Weniger Ungleichheiten
- 16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen